Stumm, aber voller Geschichte(n): wenn Steine sprechen - Wanderung durch den Buchenberg bei Daubringen

Daubringen und der Quarzit 2009
04. 05. 2009
Auch wenn Steine nicht sprechen können, legen sie doch beredtes Zeugnis über ihre Entstehung und Verwendung durch den Menschen ab. Eine von der evangelischen Kirchengemeinde Daubringen nach dem Gottesdienst am 3. Mai 2009 veranstaltete Exkursion wollte damit den Interessierten die Besonderheiten der Heimat näher bringen, zumal die Kirche selbst unmittelbar am Buchenberg gebaut ist.
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Volker Hess (Daubringen) vom "Arbeitskreis Geschichte und Heimatkunde Daubringen", führte mehr als 40 Teilnehmer durch den Buchenberg, wo es zum Thema "Daubringen und der Quarzit" vieles zu entdecken gab.

Anhand von vier typischen Gesteinsbrocken zeigte Hess zunächst deren Alter und Entstehungsgeschichte.

Abgesehen von kleinflächigen Vorkommen der Grauwacke aus der Karbonzeit (vor 345 - 280 Mill. Jahren), die als Ausläufer des Rheinischen Schiefergebirges bis in das Lumdatal hineinreichen, prägt der Buntsandstein vor allem das nördliche Stadtgebiet Staufenbergs, der hervorging aus Ablagerungen in einem gewaltigen Becken. Der Buntsandstein stammt wie die meisten hessischen Gesteine aus der Zeit zwischen 225 und 190 Mill. Jahren. Während des Tertiär (vor ca. 65 – 2 Mill. Jahren) entstanden mit dem Einbruch der Oberrheinischen Tiefebene, die sich als Hessische Senke bis etwa Kassel fortsetzt neue Senken. Dies war zeitweilig von Meer oder flachen Brackwasserseen durchzogen. Besonders in den Flachwasserseen kamen Tone und Sande zur Ablager, in Verlandungszonen auch Moore. Verkieselter Sand tritt heute als Quarzitgestein auf einer breiten Fläche zwischen Treis über Mainzlar und Daubringen bis zum Lollarer Kopf zutage, während sich die tertiären Moore heute als Braunkohlenlager z.B. bei Treis und Beuern finden. Insbesondere bei der größten Vulkantätigkeit im Zeitalter des Jung-Tertiärs, vor etwa 26-2 Millionen Jahren, erreichte das sich erhebende Massiv des Vogelsberges auch das Gebiet um Staufenberg. So prägen noch heute so markante Kuppen wie der Totenberg, Aspenstrauch, Lollar Kopf und der Staufenberg die Landschaft mit ihrem Eruptivgestein, dem Basalt.

Unterschiedlich starke Lössbedeckung als Anwehungen während der Kaltphasen des Eiszeitalters (Quartär) schaffte für die landwirtschaftende Bevölkerung des unteren Lumdatals seit dem Neolithikum Überlebensbedingungen, die sich noch während der vergangenen Jahrhunderte in der unterschiedlichen sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Entwicklung der Ortsteilgemeinden ausdrückte.

Neben diesem historisch-geologischen Abriss ging Hess auf die Wirtschafts- und Kulturgeschichte des Buchenbergs ein. So wurden von der Bevölkerung Steine aus diesem Gebiet für den Hausbau in Daubringen verwendet, wie Hess an einem Beispiel in der Friedhofstraße zeigte.

Wie die Exkursionsteilnehmer selbst erleben konnten, treten die Gesteinsbrocken des Quarzits überall im ganzen Buchenberg deutlich sichtbar zutage. Heute ist von dem ehemaligen Blockmeer nurmehr ein kleiner imposanter und schützenswerter Rest erhalten. Die interessante Ausgestaltung der Quarzitblöcke hat immer wieder auch die Fantasie der Menschen angeregt; dies reicht vom vermeintlich vorgeschichtlich bearbeiteten und als Kulturdenkmal geschützten "Hammelstein" in einem Daubringer Hausgarten bis hin zu vielfältiger Nutzung der Findlinge in Hausgärten und auf Verkehrskreiseln.

Neben dem Bau der Lumdatalbahn in 1902 zur Verkehrsanbindung war das Vorkommen von Quarzit in der näheren Umgebung Anlass zur Gründung der "Scheidhauer & Gießing Feuerfestfabrik" 1907 in Mainzlar. Dieses Unternehmen, später bekannt unter Didier AG, heute RHI AG, produziert seit 100 Jahren feuerfeste Steine aus dem Hauptwerkstoff Quarzit. Der sogn. Block- oder Findlingsquarzit der Region ist ein Sendimentgestein, in dem silikathaltiger Zement durch Kieselsäure u.U. aus tertiären Mooren die Sandkörner miteinander verkittet.

Zur Rohstoffversorgung übernahm eine eigene Feldbahn aus der Daubringer Sandgrube den Transport der Sande, zeitweise noch bis 1954. Reste des Fahrdamms sind noch als besondere Bodenmarkmale erkennbar. Heute wird die ehemalige, unwirtschaftlich gewordene Grube als Erdkippe von der Stadt Staufenberg genutzt.

In einem weitgehend von Altmüll verschonten Teil der ehemaligen Steinbrüche konnte die Schichtung der tertiären Ablagerungen und Mutmaßungen über die Entstehung der besonderen Erscheinungsform der Findlinge ("Röhrchen" ...) verdeutlicht werden. Mit einem Hinweis auf die altsteinzeitlichen Funde in den vermeintlichen „Höhlen“ bei Treis und einigen wenigen scheinbar im Alsfelder Regionalmuseum verloren gegangenen vergleichbaren Artefakten konnte der Quarzit auch als steinzeitlicher Werkstoff vorgestellt werden. Die Entstehung der sogn. Abris (Felsüberüberhänge im Quarzit) als möglicher altsteinzeitlicher Lagerplatz wurde im Steinbruch erkennbar.

Nach der Führung saßen die Teilnehmer noch mitten im Buchenberg bei einem deftigen und kräftigendem Mittagessen zusammen. Pfarrer Traugott Stein dankte auch Otmar E. F. Hauer, Ulrike Scholz, Marianne Schreiner und Diethard Heyn, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beitrugen.